09 Entlang der türkischen Westküste südwärts

Die Q-Flagge.
Wurde früher gesetzt wenn ein Schiff aus fernen Ländern einen neuen Hafen anlief. Die Schiffe ankerten vor dem Hafen und signalisierten mit der Q-Flagge, dass sie einklarieren möchten. Es bedeutete "an Bord ist alles gesund, ich bitte um freie Verkehrserlaubnis". Wenn der Gesundheitsbeamte das Schiff dann frei gab durfte es in den Hafen einlaufen und seine Ladung löschen.
Man setzt auch heute noch die Q-Flagge (erfahrene Yachties verzichten darauf), was bedeutet, dass man die Zollformalitäten erledigen möchte. Die gesundheitspolizeiliche Genehmigung ist jedoch nur noch eine Formsache.

Frei von Schweinegrippe oder grippefreie Schweine.
Weit gefehlt! Beim Einklarieren in die Türkei in Ayvalik hiess man uns an Bord warten. Dann kam der Gesundheitsbeamte von der Stadt bei uns an Bord und wir mussten Formulare ausfüllen und Fragen beantworten.
Dann wurde Fieber gemessen und der freundliche Herr befand uns als frei von Schweinegrippe. Erst jetzt konnten wir an Land gehen und die drei weiteren Stempel beim Zoll, der Grezpolizei und beim Hafenmeister holen. Das Prozedere dauerte bis zum nächsten Tag.
Verschwitzt und seit Tagen nicht mehr geduscht empfanden wir uns eher als grippefreie Schweine.




Abseits der üblichen Route.
Der Golf von Izmir wird von den meisten Seglern gemieden. Man sagt er seit schmutzig, mit sehr viel Industie, Ölterminals und zudem sehr stickig und windarm.
Wir haben es trotzdem versucht und einige ganz nette Orte besucht.




Türkei - Frankreich 2:0
Die Türken sind manchmal sehr formell und auch empfindlich. Wir lagen in Foca an einer noch nicht ganz fertiggestellten Pier in einem Fischerhafen. Vor uns eine französische Yacht mit einer Europaflagge aber ohne Nationalflagge.



Erste Runde.
Der Skipper des grünen Fischkutters erklärte den Franzosen, so ginge das nicht. Ein Schiff müsse eine Nationalflagge führen. Sowas sei illegal. Der Franzose verzog sich unter Deck und überliess die weiteren Diskussionen seiner Frau. Dies liess die Situation weiter eskalieren. Madamme erkläre man (on) sei halt Europäer. Unsinn meinte der Fischer eine Nationale gehöre ans Heck eines Schiffes.

Zweite Runde.

Der Fischer holte einen jungen Mann mit besseren Englischkenntnissen. Erbost zeigte er zur türkischen Gastlandflagge unter der Steuerbordsaling des Franzosen. Diese war ausgefranst. Er erklärte frei heraus das sei unanständig und jeder anständige Türke fühle sich dadurch beleidigt. Nun echauffierte sich "Frangreisch" aber gewaltig und die Diskussion wurde in schrillen Tönen geführt. Man (on) sei halt Segler und dann löse sich so eine Flagge im Wind halt mal auf. Der Fischer bestand darauf, die Flagge muss ersetzt werden.

Dritte Runde.
Vermittelnd versuchte ich Madamme zu erklären, dass die Türken da sehr empfindlich seien. Zudem entspräche ihre Flaggenführung wirklich nicht den allgemein gültigen Vorschriften und Gepflogenheiten. Das war falsch, ich hätte das tun sollen was Niklaus von der Flüe schon 1481 den Eidgenossen an der stanser Tagsatzung riet - "mischet euch nicht in fremde Händel".

Vierte Runde.
Eine Stunde später werkelte Madamme unter Deck und ein zufriedener französischer Skipper setzte eine neue Türkenflagge und die Trikolore am Heck.

Das ist kein Einzelfall. Die Türken empfinden das wirklich so und man sollte das respektieren. Im vergangenen Winter habe ich beobachtet wie ein Angstellter der Marina von Schiff zu Schiff ging und alle nicht mehr einwandfreien Türkenflaggen entfernte.



Vorprogrammierte Umweltverschmutzung.
Auf unserem Weg nach Süden lagen wir eine Nacht in der Marina Chios. Auch hier wurde mit viel EU-Subventionen eine Yachtmarina gebaut, aber nie fertiggestellt. Nun liegen dort drei kleine Fähren einer bankrotten Reederei. Sie zerfallen und werden eines Tages absaufen.




Herrliches Downwind-Segeln.
Mit starken bis stürmischen nördlichen Winden segelten wir in Etappen unserem Ausgangshafen Turgutreis zu. Es waren wunderschöne Segeltage.
Zwischendurch musste ich es natürlich wiedereinmal ausprobieren. Bei 35Kn wahrem Wind gingen wir 50 Grad an den scheinbaren Wind. Das Schiff ist fantastisch. Mit 6.5 Kn Fahrt nahmen wir die steile Ägäiswelle als sei gar nichts. Ohne zu bocken ging das Schiff durch die See. Mit Kutterfock und gerefftem Grosssegel lief das Schiff ohne Autopilot und ohne Ruderdruck wie auf Schienen.
Die Segeleigenschaften dieses Schiffes sind wirklich fantastisch! Wo bei den meisten Schiffen der Spass aufhört beginnt er bei uns erst so recht.




Sommerpause.
Wir sind zurück im Ausgangshafen in der Marina Turgutreis.
Am 29. Juli fliegen wir nach Hause. Es ist hier viel zu heiss! Wir überlassen die Ägäis den vielen Touristen und Charterbooten.



zurück
vorwärts


(C) 2011 - Alle Rechte vorbehalten

Diese Seite drucken